Ein Gespräch über eine „heldenhafte Reise, auf der wir den Mut entwickeln, mit ganzem Herzen zu leben“. Christine Longaker ist die Autorin des Buches „Dem Tod begegnen und Hoffnung finden – Die emotionale und spirituelle Begleitung Sterbender“. Sie hat Pionierarbeit im Hospizwesen geleistet und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung in der Vermittlung von Meditation und Mitgefühl. Zwischen September und Februar hält die Amerikanerin in Berlin, Wiesbaden, Düsseldorf und München Seminare, die sich ganz dem Selbstmitgefühl widmen.
Warum ist Selbstmitgefühl für jeden von uns wichtig?
Wir möchten in unserem Leben gerne großmütig und mitfühlend sein, und doch verurteilen, beschuldigen oder missachten wir oft Menschen, die leiden. Anstatt deswegen nun allzu hart mit uns selbst zu sein, können wir verstehen, dass wir selbst es sind, die hier zuallererst Verständnis und Güte brauchen – und wir können in Kontakt kommen mit dem inneren Schmerz, den wir so lange vergessen und ignoriert haben.
Wenn wir den Mut haben, unser eigenes Leid wahrzunehmen, und es uns gelingt, mit Mitgefühl und Freundlichkeit darauf zu reagieren, werden wir auch freundlicher und mitfühlender auf andere zugehen können. Wir spüren dann Leichtigkeit, Warmherzigkeit und Wohlbefinden, was wiederum einen positiven Effekt auf alle hat, denen wir begegnen.
Was treibt dich an, Menschen für Selbstmitgefühl zu ermutigen und zu trainieren?
Viele von uns gehen durchs Leben, ohne den Trümmerhaufen in ihrem Geist und ihrem Herzen zu bemerken. Diese lang vergessenen Schmerzen und Leiden hindern uns daran, Freude zu empfinden, anderen wirklich zu vertrauen, uns mit ihnen zu verbinden und uns ganz der umfassenden, strahlenden Liebe unserer wahren Natur zu öffnen.
Unsere Auseinandersetzung damit findet auf zwei Ebenen statt: durch kognitive Einsichten, die uns helfen, unsere Unzulänglichkeiten und negativen Muster zu verstehen, und durch verschiedene Meditationen, die uns Entspannung bringen und uns mit Anteilnahme, Mitgefühl und Liebe erfüllen. Viele, die ein Training in Selbstmitgefühl mitgemacht haben, sagten mir, es sei eine Quelle für Transformation und Heilung.
Macht uns Selbstmitgefühl nicht schwach und sentimental?
Wenn wir uns in Selbstzweifeln und Selbsthass verfangen, befinden wir uns in einer endlosen Schleife aus Angst, Opferhaltung, mangelnder Selbstachtung, Abwehr und Schuldgefühlen. Das schwächt uns enorm, und wir sind den Überzeugungen und Gefühlen, die uns antreiben oder uns im Griff haben, hilflos ausgeliefert.
Selbstmitgefühl ist eine heldenhafte Reise, auf der wir den Mut entwickeln, mit ganzem Herzen zu leben. Mut braucht es, um den verborgenen Schmerz in uns wahrzunehmen und mit Mitgefühl und Freundlichkeit auf uns selbst zu reagieren. Nur so können wir die alten Muster aus Verletzungen, Angst und Misstrauen auflösen. Gelingt uns dies, können wir mit uns selbst und anderen mit einem tieferen Gefühl von Ausgeglichenheit, Ganzheit und Stärke in Kontakt kommen.
Wie kann uns Selbstmitgefühl am Arbeitsplatz helfen, wo Emotionen, Sanftmut und Offenheit meist nicht als hilfreich und effizient angesehen werden?
Selbstmitgefühl bringt nicht nur Offenheit und Güte mit sich. Wir entdecken auch, dass wir klarer, ausgeglichener und geerdet sind. Wenn wir mit der essentiellen Liebe in uns verbunden sind, können wir ohne Furcht, Anspannung oder Reaktionsmuster für unsere Kolleg*innen da sein.
Mit einem offenen Herzen können wir uns und unsere Lebenserfahrungen leichter und humorvoller annehmen. Wenn wir unsere Geschichte und unsere innere Anspannung verstehen und mitfühlend darauf reagieren, sehen wir auch die Anspannung in anderen mit mehr Verständnis und Mitgefühl. Die Kommunikation kann klarer werden, verständnisvoller, verantwortungsvoller, frei von Abwehrhaltung oder Schuldzuweisung.
Was können die Teilnehmenden deiner Kurse erwarten?
Um rückhaltlos und mit ganzem Herzen leben zu können, braucht es Mut, liebendes Mitgefühl und Verbundenheit. Daher möchte der Kurs helfen, diese drei Qualitäten zu entwickeln.
Mut – unser Leben sehen und verstehen, dank kognitiver Einsichten, die uns helfen, unsere Muster und ihre Ursprünge zu erkennen.
Mitgefühl – den Trümmerhaufen im Herzen beseitigen mit Meditationen, die Entspannung, Heilung und Vergebung fördern und unser gesamtes Wesen mit bedingungslosem, liebendem Mitgefühl, mit Wertschätzung und Freude erfüllen.
Verbundenheit – wir üben uns darin, einander authentisch und liebevoll zuzuhören und zu begegnen, und wir beginnen, die Einsichten und Methoden des Kurses in unseren Umgang mit anderen Menschen zu integrieren.
Das Gespräch führte Jana Biedka.
SELBSTMITGEFÜHL-SEMINARE MIT CHRISTINE LONGAKER
TERMINE
- 30.9. – 5.10. Berlin // Intensivseminar
- 17. + 18.11. Wiesbaden // Seminar
- 1. + 2.12. Düsseldorf // Seminar
- 23.+24.2.2019 München // Seminar
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